Zehentstadel:
Jahrhundertchance und mehr
Schon seit Dekaden wird über die Öffnung des Schlossareals für die Gemeinschaft in Babenhausen und damit den Zehentstadel diskutiert. Konkret 2019/2020 hat das Hause Fugger diese Diskussionen aufgegriffen und einen zukünftigen Entwicklungsplan im Marktgemeinderat vorgestellt, der neben dem Langschloss, dem Zehentstadel, der Fuggerbrauerei weitere Teile umfasste. Damit sollte das identitätsstiftende Herzstück der Gemeinde geöffnet und zugänglich werden. Der Entwicklungsplan wurde ergänzt und die Kindertagesstätte, zwischenzeitlich realisiert im ehemaligen Ökonomiegebäude, kam hinzu. Der nächste große Schritt ist die Sanierung des Zehentstadels – eines der bedeutendsten Baudenkmäler Südbayerns.
Fördermittel für rund 2/3 der Kosten
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Rund 16,6 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Davon stammen etwa 4 Millionen Euro vom Bund, dessen Förderzusage schon seit 2020 vorliegt und nur bis Ende 2025 gilt. In Aussicht gestellt wurden 3,2 Millionen Euro aus der Städtebauförderung und 2,5 Millionen Euro aus der Denkmalpflege – macht in Summe 9,7 Millionen Euro Fördermittel.
Für die Marktgemeinde bleiben rund 6,8 Millionen Euro an verbleibenden Kosten.
Der Marktgemeinderat hat auch einen Finanzierungsbeschluss gefällt, das bedeutet, die Mittel sind im derzeitigen Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung verbindlich eingeplant.
Ein hoher Betrag, ohne Frage – aber auch ein starkes Signal: Bund, Land und Freistaat sind bereit, massiv in Babenhausens kulturelles Zentrum zu investieren. Und das nicht ohne Grund: Der Zehentstadel soll nicht nur saniert, sondern für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden – als Kulturzentrum, Veranstaltungsort und Heimat für Vereine. Erfolgreiche Beispiele für ähnliche Projekte wie in Roggenburg oder Leipheim zeigen, dass diese Projekte zu einer Bereicherung im Gemeindeleben führen.
Der Erbbaupachtvertrag über 99 Jahre und offene Fragen
Der Erbbaupachtvertrag zwischen Markt Babenhausen und dem Haus Fugger ist bereits notariell geschlossen.
Die Vertragsbedingungen mit dem Haus Fugger sind außergewöhnlich. Der Markt Babenhausen erhält den Zehentstadel für 99 Jahre zur freien Nutzung – ohne Erbbauzins, ohne Pacht. Anders gesagt: Das Haus Fugger beteiligt sich massiv an den Kosten. Es verzichtet auf Pachterträge über 99 Jahre hinweg.
Derzeit bereitet das Haus Fugger den Zehentstadel, auf eigene Kosten, für die Übergabe an die Gemeinde vor, was zur Öffnung des Daches führt, da die Traufen geräumt werden. Dies erklärt die momentanen Bauaktivitäten.
Der unterzeichnete und notariell beglaubigte Erbbauvertrag zwischen dem Hause Fugger und der Gemeinde ist nur teilweise öffentlich und so stellen sich mehrere Fragen:
- Ist der Vertrag an die derzeitige Planung für den Zehentstadel gebunden oder könnte die Planung noch komplett oder in Teilen geändert werden?
- Gibt es im Vertrag einen Zeitrahmen bis wann das Projekt umgesetzt sein muss und wenn dem so ist, bis wann muss dies erfolgt sein?
- Was passiert am Ende der 99 Jahre, kann der Vertrag verlängert werden oder kann das Gebäude zurückgegeben werden und wenn es zurückgegeben wird, zahlt dann das Hause Fugger einen Ausgleich und wenn ja, wie hoch fällt diese mögliche Ausgleichszahlung aus?
Weil diese Fragen wichtig sind, wurde deshalb zwischenzeitlich ein Antrag auf Basis des Informationsgesetzes an die Gemeinde gestellt, mit dem Ziel, dass der gesamte Vertrag veröffentlicht wird.
Für ein Kulturzentrum dieser Größe und Bedeutung – mitten im Ortskern – ist der Preis für die Gemeinde von rund 6,8 Mio. € als Investition für eine Nutzung über 99 Jahre, nach dem momentanen Wissensstand, damit eher moderat , aber auch die notwendige Basis für die Realisierung des Projekts. Die Beteiligung des Hauses Fugger erfolgt in erster Linie durch Pachtverzicht und im Weiteren durch die Übernahme der Kosten der Grundlagenermittlung und der baulichen Übergabevorbereitung.
Kann die Gemeinde sich solch ein Projekt leisten?
Um diese Frage fundiert beantworten zu können, muss man sich mit dem Haushalt der Gemeinde intensiv beschäftigen, was wir im Artikel „Wie funktioniert das mit dem Haushalt der Gemeinde?“ getan haben (siehe Button unten). Im Weiteren muss man beurteilen, ob die Zuschüsse so wie geplant fließen bzw. bewilligt werden.
So viel kann zu den Zuschüssen gesagt werden:
Der Zuschuss des Bundes ist klar fixiert, wenn der entsprechende Antrag mit allen Unterlagen bis Jahresende eingereicht wird. Die weiteren Zuschüsse und deren Höhe ergeben sich aus intensiven Vorgesprächen, der Kopplung mit den Bundeszuschüssen und damit der umfassenden Beteiligung der Zuschussgeber an der Planung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zuschüsse aus Städtebauförderung (3,2. Mio. €) und Denkmalschutz (2,5 Mio. €) fließen.
Allerdings: Die Antragsfrist endet 2025.
Der Haushaltsplan 2025 der Marktgemeinde Babenhausen sieht für 2025 vor, dass 1 Mio.€ für den Zehentstadel bereitgestellt werden und in den Jahren 2026 bis 2028, also im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung im Vermögenshaushalt, die weitere Finanzierung rund 15 Mio. €, unter Berücksichtigung der oben angeführten Zuschüsse, abdeckt werden. Gleichzeitig wurde vom Marktgemeinderat ein Finanzierungsbeschluss gefällt, der die insgesamt 9,7 Mio. € Zuschüsse enthält und die Marktgemeinde ermächtigt bis zu 6,8 Mio. € durch Kreditaufnahme zu finanzieren.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen darüber hinaus, dass die im Haushaltsplan 2025 angesetzten Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 5 Mio. € deutlich überschritten werden und derzeit (Stand 09/2025) bei rund 8 Mio. € liegen. Für das Jahr 2025 muss die Gemeinde möglicherweise keinen Kredit aufnehmen – oder zumindest weniger als bisher geplant. Außerdem wirken sich die höheren Gewerbesteuereinnahmen 2025 auch auf die Finanzplanung der Jahre 2026 bis 2028 aus. Wenn diese Einnahmen dauerhaft höher bleiben und keine einmaligen Sonderfälle sind, werden sie in den kommenden Jahren höher angesetzt. Dadurch fließt mehr Geld in den Vermögenshaushalt, was wiederum bedeutet, dass weniger Kredite nötig sind. Insgesamt würde sich so die erwartete Schuldenlast der Gemeinde um mehrere Millionen Euro verringern.
Konservativ betrachtet kann die Marktgemeinde, selbst wenn noch ungeplante Mehrausgaben für Unvorhersehbares im vertretbaren Rahmen zukünftig entstehen sollten, bei aller Vorsicht, die bei zukünftigen Planungen unabdingbar ist, sich das Projekt Zehentstadel leisten, weil die Zuschüsse rund 2/3 der Investitionskosten bzw. der Sanierungskosten decken und eine seriöse Finanzierung, auf Basis eines konservativen Haushaltsplans, beschlossen ist.
Sind Baukostensteigerungen zu erwarten?
Der Marktgemeinderat von Babenhausen hat aus den Sanierungsprojekten der Vergangenheit gelernt und beim Zehentstadel nicht nur eine äußerst erfahrene Projektsteuerungsgesellschaft und einen erfahrenen Architekten beauftragt, sondern auch eine umfassende Untersuchung des Ist-Zustandes des Gebäudes, bis hin zum einzelnen Balken.
Sämtliche notwendigen Fachplaner sind von Anfang an mit hinzugezogen worden, um damit zu erreichen, dass die Kostenplanung, so genau wie nur irgend möglich, erfolgt. Dafür wurden derzeit ein hoher sechsstelliger Betrag ausgegeben.
Selbstverständlich wurde die Kostenplanung fortgeschrieben und in gebotener Weise einer erwartbaren Kostensteigerung gemäß Baukostenindex unterzogen. Mehrkosten können trotz dieser vorbildlichen Vorgehensweise nicht ausgeschlossen werden, aber die Wahrscheinlichkeit, dass diese einen gewissen, einplanbaren Rahmen überschreiten, ist äußerst gering.
Fazit: Mehr kann man nicht tun um Kostensteigerungen vorwegzunehmen, vor allem weil die Kostenkontrolle bei der Durchführung durch die äußerst erfahrene Projektsteuerungsgesellschaft erfolgt. Wir verweisen auch auf die Links zur Kostenplanung und zur architektonischen Gestaltung und Ausführung.
Gibt es Alternativvorschläge?
Naja, so richtig fassbare, sieht man von Aussagen im Marktgemeinderat und anderswo ab, gibt es die nicht, obwohl Einigkeit besteht, dass ein zentraler Veranstaltungsort gebraucht wird.
Trotzdem möchten wir die Wortbeiträge und Vorschläge wiedergeben – in dem Bewusstsein, dass deren Inhalt jederzeit bestritten werden kann. Damit soll gezeigt werden, dass es bisher keinen überzeugenden Alternativvorschlag gibt und es auch in Zukunft schwierig sein wird, einen solchen zu entwickeln.
Greifen wir also den Vorschlag auf, den Zehentstadel nur insoweit zu sanieren, dass er als Markthalle nutzbar ist und den Veranstaltungssaal auf die grüne Wiese zu bauen.
Stellt sich die erste Frage, auf welchem Grundstück und was kostet das?
Die Schwierigkeiten für jeden Alternativvorschlag bestehen darin, dass die Fördermittel für den Zehentstadel weg wären, sie sind an genau das beschriebene Projekt gekoppelt. Der Erbbaupachtvertrag könnte darüber hinaus ebenfalls an die Umsetzung des Projektes gekoppelt sein, was derzeit nicht öffentlich bekannt ist.
Ein gemeindeeigenes Grundstück für einen Veranstaltungssaal steht derzeit nicht zur Verfügung, was man daran sieht, dass derzeit diskutiert wird, die Umsiedlung einer Halle zur Erschließung eines Baugebietes in Klosterbeuren auf dem vom Reitverein genutzten Gelände.
Die Gemeinde hat derzeit kein geeignetes Grundstück für eine Veranstaltungshalle auf der grünen Wiese, ganz unabhängig davon, was solch ein Alternativvorschlag kosten würde. Und eine Veranstaltungshalle der geplanten Größenordnung auf der grünen Wiese zu erstellen dürfte zumindest einen deutlich einstelligen Millionenbetrag kosten. Sollten im Erbbaupachtvertrag noch Verpflichtungen enthalten sein, was derzeit nicht bekannt ist, die den Erhalt oder Grundsanierung des Zehentstadel betreffen, dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass ein Alternativvorschlag mehr Kosten würde, als die derzeitige Planung, aber keinen Nutzen hätte hinsichtlich Aufwertung, Zugänglichkeit des Schlossareals und das im Ortskern.
Und was schließen wir daraus?
Mit dem sanierten Zehentstadel würde Babenhausen eine Lücke schließen, die seit Jahrzehnten besteht: Ein zentraler, würdiger Ort für Veranstaltungen, Konzerte, Vereinsaktivitäten, Firmenaktivitäten und Feste. Ein Begegnungszentrum, das das Schlossareal weiter aufwertet, neue Besucher anzieht und das Ortsbild nachhaltig prägt.
Der Zehentstadel ist mehr als ein Bauwerk – er ist ein Zukunftsversprechen: für das kulturelle Leben, für die Vereine, für die Unternehmen und für die Gemeinschaft.
Die Wahrheit ist: Der Zehentstadel ist keine Luxusidee, sondern eine Jahrhundertchance. Es umfasst nicht nur einen multifunktionalen Saal mit rund 400 qm, eine Cateringküche, Toilettenanlagen und Foyer, sondern auch Räume für Vereine, so dass z.B. Musikverein endlich eine Heimat hätte und den Veranstaltungssaal gleich einen Stock tiefer.
Im Außenbereich des Zehentstadel entsteht, mit dessen Renovierung und Neugestaltung, ein Open-Air Areal für Veranstaltungen. Gleichzeitig wird das Areal im Schlossgelände auf dem sich Kindertagesstätte und Zehentstadel befindet, vom Hause Fugger auf eigene Kosten neu gestaltet.
Eine Eventfläche, auf der der diesjährige Weihnachtsmarkt stattfindet, wird zum Begegnungs- und Veranstaltungsareal mitten in der Marktgemeinde – zum Nutzen für alle Bürgerinnen, Bürger und Gäste.
Eine Aufwertung der Marktgemeinde Babenhausen, die direkt dem Gemeinschaftsleben dient und die notwendigen Investitionen uneingeschränkt rechtfertigt. Der Zehentstadel ist auf Basis der vorliegenden Haushaltsplanungen und der erwartbaren Anpassung für die Gemeindefinanzen tragbar.
Seriöse Alternativvorschläge gibt es nicht. Die Fortführung und Umsetzung des Projektes Zehentstadel sollte also ohne wenn und aber fortgesetzt werden.
Bilder: Andreas Ferstl Architekten


